In etwa 60 Tagen tritt die neue Grundsteuer in Deutschland in Kraft. Die Finanzämter haben bereits Bewertungen erstellt und Millionen Hausbesitzer entsprechende Wertbescheide zugesandt. Nun sind die Gemeinden und Kommunen am Zug: Auf Basis dieser Daten legen sie ihre Hebesätze fest. Während einige Kommunen schon soweit sind, dass die ersten Steuerbescheide bald in den Briefkästen vieler Hausbesitzer landen könnten, tun sich besonders Großstädte schwer.
Hier haben viele Grundstückseigentümer Widerspruch gegen die Bescheide eingelegt und akzeptieren die Schätzungen der Finanzämter nicht. Zudem stehen noch Urteile einzelner Finanzgerichte an. Doch nun zeigt eine Analyse der DIHK: In manchen Fällen drohen Grundstückeigentümern spürbare Mehrkosten. Für das Jahr 2025 haben 160 Kommunen ab 20.000 Einwohnern Erhöhungen angekündigt, nur drei Gemeinden wollen reduzieren. Über die Auswertung berichtet die „Welt am Sonntag“ (WamS).
Dabei hoffen derzeit Grundstückseigentümer, deren Grundstücke vom Finanzamt stark im Wert gesteigert wurden, auf niedrigere Hebesätze, um ihre Steuerbelastung zu verringern.
„Größte Erhöhung seit zehn Jahren“
Insgesamt stieg der durchschnittliche gewogene Hebesatz auf 568 Prozent, was einem Anstieg von 14 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr entspricht. „Das ist die größte Erhöhung des durchschnittlichen Hebesatzes seit zehn Jahren“, sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben der „Wams“. Ursprünglich sollte die neue Grundsteuer aufkommensneutral gestaltet werden. Ob es dazu kommt, ist aber fraglich.
In manchen Regionen wurden Besitzer großer Gärten und Felder plötzlich zu Papier-Millionären. Sie sollen für unbebaubares Land die gleiche Grundsteuer zahlen wie für Baugrundstücke.
DIHK: Gewerbesteuer steigt ebenfalls
Auch die Gewerbesteuer steigt, wie die DIHK-Auswertung zeigt. Im Durchschnitt erhöht sich der gewogene Hebesatz für die Gewerbesteuer von 435 auf 437 Prozent. Das sei die erste durchschnittliche Erhöhung seit mehr als fünf Jahren, so der DIHK in der „Wams“. Insgesamt haben 105 Kommunen ihre Hebesätze erhöht, im Vorjahr waren es nur 51.
Wie Kommunen auf die Grundsteuererhöhung reagieren
In einzelnen Bundesländern warnen neben den kommunalen Spitzenverbänden auch der Steuerzahlerbund vor einer Lastenverschiebung zum Nachteil von Wohngrundstücken durch das neue Modell für die Grundsteuer. „Es zeichnet sich ja immer deutlicher eine deutliche Belastungsverschiebung ab, weg von den gewerblich genutzten Grundstücken hin zu den Wohngrundstücken“, sagte der Vorsitzende des Steuerzahlerbundes NRW, Rik Steinheuer. Die stärkste Mehrbelastung werde es bei den Einfamilienhäusern geben.
Bei der Lastenverschiebung kommen Gewerbegebiete überraschend günstiger weg, privater Grundbesitz wird dafür teurer. Ein Beispiel ist die Stadt Gladbeck in Nordrhein-Westfalen. „Tatsächlich ist bei dem Bundesmodell aufgefallen, dass Ein- und Zweifamilienhäuser bei uns in der Stadt besonders stark belastet worden wären und das Gewerbe sehr stark entlastet“, sagt Bürgermeisterin Bettina Weist. Und fügt hinzu: „Das finde ich so nicht tragbar.“ Deshalb habe die Kommune entschieden, die Hebesätze für das Gewerbe zu erhöhen und die Hebesätze für private Grundstücke drastisch zu senken. „Trotzdem werden im Ergebnis an die 50 Prozent der Wohnungseigentümer eine höhere Grundsteuer bezahlen müssen.“