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Aus Sorge vor möglichen Angriffen der Huthi-Miliz will die deutsche Marine das Rote Meer umfahren. Human Rights Watch wirft Israel mutmaßliche Kriegsverbrechen im Libanon vor. Die Entwicklungen im Liveblog.
Die radikal-islamistische Hisbollah-Miliz im Libanon wird nach Darstellung ihres neuen Chefs an ihrem bisherigen Kriegsplan gegen Israel festhalten. “Wir bleiben innerhalb des umrissenen politischen Rahmens bei unserem Kriegsplan”, erklärte Naim Kassem in seinen ersten Bemerkungen seit der gezielten Tötung seines Vorgängers Hassan Nasrallah durch Israel. Er werde Nasrallahs Agenda in allen Punkten folgen. Wenn Israel mitteile, dass es den Krieg beenden wolle, dann werde man das annehmen – jedoch nur zu den eigenen Bedingungen. Die Hisbollah könne Tage, Wochen, Monate weiterkämpfen.
Der Chef des UN-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) hat vor drastischen Folgen durch das von Israels Parlament beschlossene Arbeitsverbot für die Organisation gewarnt. Die von der Knesset verabschiedeten Gesetze richteten sich “letztlich gegen die Palästinenser selbst”, sagte Philippe Lazzarini in einem Exklusivinterview der Nachrichtenagentur AP in Riad, wo er an einer Konferenz zum Nahost-Konflikt teilnahm.
Sollte das Arbeitsverbot für UNRWA durchgesetzt werden, “wäre dies ein totales Desaster, es wäre so, als würde man das Kind mit dem Bade ausschütten”. Lazzarini wartne vor einem “Vakuum”. Es würde auch zu mehr Instabilität im Westjordanland und im Gazastreifen führen.
Sollte UNRWA seine Aktivitäten binnen drei Monaten beenden müssen, würden zudem mehr Menschen im Gazastreifen sterben. Derzeit suche das Hilfswerk nach “kreativen Wegen”, um den Betrieb aufrechtzuerhalten, sagte Lazzarini.
In seiner ersten Rede als neuer Hisbollah-Chef hat Naim Kassem angekündigt, die Kriegsstrategie seines Vorgängers Hassan Nasrallah beizubehalten. Sein “Aktionsplan” sei “eine Fortsetzung des Aktionsplans” von Nasrallah, sagte Kassem. Er werde den “Kriegsplan” fortsetzen, den sein Vorgänger “mit der Führung” der vom Iran unterstützten Miliz entwickelt habe. Konkrete Einzelheiten nannte Kassem zunächst nicht.
Im Norden Israels sollen zwei Männer durch eine aus dem Libanon abgefeuerte Rakete verletzt worden sein. Sie seien im unweit von der Grenze gelegenen Ort Metula von Granatsplittern getroffen worden, teilte das Rambam-Hospital mit, in das die beiden Männer gebracht wurden. Eines der Opfer habe schwere Verletzungen erlitten.
Israelische Bodentruppen rücken nach libanesischen Angaben weiter im Süden des Libanon vor. Der staatlichen Nachrichtenagentur NNA zufolge, versuchen israelische Streitkräfte in den Ort Chijam einzudringen. Truppen versuchten “unter schwerem Feuerschutz von Kampfflugzeugen, Drohnen und Artillerie” in die Stadt vorzurücken. Die Hisbollah-Miliz reklamierte mehrere Raketenangriffe auf israelische Soldaten in Chijam für sich.
Bei neuen israelischen Angriffen im Gazastreifen sind nach Angaben örtlicher Rettungskräfte mindestens 20 Menschen getötet worden. Wie die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Sanitäter berichtet, sollen im Ort Salatin nahe der Stadt Bait Lahiya im Norden des Küstenstreifens acht Menschen ums Leben gekommen sein. Sieben weitere Menschen seien bei israelischen Angriffen im Zentrum und Süden des Gazastreifens gestorben, fünf Todesopfer habe es in Gaza-Stadt gegeben.
Gestern sollen bei einem israelischen Luftangriff auf ein Haus in Bait Lahiya mehr als 90 Menschen getötet worden sein. Die USA sprachen von einem “entsetzlichen Ereignis” und forderten von Israel Aufklärung.
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hat Angriffe des israelischen Militärs auf medizinisches Personal und Gesundheitseinrichtungen im Libanon als mutmaßliche Kriegsverbrechen verurteilt. In einem Bericht führte die Organisation drei Angriffe von Anfang Oktober an, bei denen es sich mutmaßlich um Kriegsverbrechen handele und bei denen israelische Streitkräfte unrechtmäßig medizinisches Personal, Transportmittel und Einrichtungen angegriffen hätten. “Die rechtswidrigen Angriffe des israelischen Militärs auf medizinisches Personal und Krankenhäuser zerstören das ohnehin schon schwache Gesundheitssystem des Libanon und gefährden das medizinische Personal erheblich”, kritisierte der Ramzi Kaiss, Libanon-Forscher bei Human Rights Watch.
Der im Indopazifik eingesetzte deutsche Marineverband wird auf der Rückfahrt nach Deutschland das Rote Meer aus Sicherheitsgründen umfahren. Das teilte das Bundesverteidigungsministerium mit und bestätigte damit einen Bericht des Spiegel. Es werde nun der Weg über die afrikanische Küste und das Kap der Guten Hoffnung gewählt.
Angesichts von Angriffen der mit dem Iran verbündeten Huthi-Miliz habe es eine umfassende Risikoabwägung gegeben. Die Huthi seien zu komplexen Angriffen in der Lage, bei denen taktische ballistische Raketen, Drohnen und andere Waffen eingesetzt würden. Ein Sprecher des Ministeriums sprach von einer “durchaus hohen Bedrohungslage”.
Die Entscheidung des Ministeriums bezieht sich auf die Fregatte “Baden-Württemberg” und den Einsatzgruppenversorger “Frankfurt am Main”.
Seit Beginn des Nahost-Krieges wurden im Gazastreifen Angaben der dortigen, von der Terrormiliz Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde zufolge mehr als 43.100 Palästinenserinnen und Palästinenser getötet. Mehr als 101.500 Menschen seien verletzt worden.
Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Die Eröffnung neuer Botschaften in Jerusalem will die israelische Regierung fördern. Doch neue Konsulate unter dem Rang einer Botschaft sollen in der Hauptstadt nicht mehr eröffnet werden. Eine entsprechende Änderung des Grundgesetzes wurde gestern Abend vom israelischen Parlament verabschiedet. Damit solle der israelische Anspruch auf Jerusalem als Hauptstadt untermauert werden. Das neue Gesetz hat keine Auswirkungen auf bestehende Konsulate.
Das israelische Militär hat Einwohnerinnen und Einwohner der libanesischen Provinzhauptstadt Baalbek und der umliegenden Regionen in der Bekaa-Ebene aufgefordert, ihre Häuser zu verlassen und sich in Sicherheit zu bringen. Die israelische Armee werde in diesen Gebieten “energisch gegen die Interessen der Hisbollah vorgehen”, teilte Avichay Adraee, Sprecher der israelischen Streitkräfte, beim Kurznachrichtendienst X mit.
Der Deutschland-Chef des UN-Welternährungsprogramms (WFP), Martin Frick, hat das von Israel beschlossene Verbot des Pälästinenserhilfwerks UNRWA scharf kritisiert. Die Auswirkungen seien “gravierend”, warnte er im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk: “Das wird uns die Arbeit, die jetzt schon unglaublich schwer ist, noch weiter erschweren, ich würde fast sagen, unmöglich machen.”
UNRWA sei für das WFP der “wichtigste Partner bei der Verteilung von Lebensmitteln, weil die meisten Schutzunterkünfte, Schulen aber auch medizinischen Versorgungspunkte von UNRWA betrieben werden”, so Frick. Dass, wie von Israel vorgeschlagen, eine andere Organisation die Arbeit von UNRWA übernehmen soll, bezweifelte Frick. “Wir sind momentan begrenzt auf 30 Fahrer, die überhaupt zugelassen sind, Lastwagen in den Gazastreifen zu fahren”, führte er aus. Damit könne das WFP keine Organisation ersetzen, die weit mehr als Zehntausend Mitarbeitende habe. Frick appellierte an Israel, das UNRWA-Verbot zurückzunehmen. Die Situation im Gazastreifen sei einmalig, weil praktisch die gesamte Bevölkerung hungere und in Armut lebe.
Die israelische Luftwaffe hat nach eigenen Angaben erneut mehr als 100 Stellungen der Hisbollah-Miliz im Libanon angegriffen. Dutzende von “Hisbollah-Terroristen” seien bei den gestrigen Attacken “eliminiert” worden. Auch Bodentruppen des israelischen Militärs hätten ihre “begrenzten und gezielten” Angriffe im Süden des Nachbarlandes fortgesetzt. Die Armee habe große Mengen an Waffen entdeckt, Tunnelschächte gesprengt und Raketen zerstört, die in zivilen Gebieten aufgestellt und auf israelische Gemeinden gerichtet gewesen seien. Die Angaben konnten unabhängig nicht überprüft werden.
Israels Luftwaffe hat nach eigenen Angaben islamistische Terroristen in einer humanitären Schutzzone im Gazastreifen attackiert. Wie das israelische Militär bekanntgab, seien Mitglieder der Hamas und des Islamischen Dschihad während “terroristischer Aktivitäten” in der Stadt Chan Yunis im Süden des abgeriegelten Küstenstreifens angegriffen worden. Das Militär sprach von einem “präzisen Angriff”, vor dem “seien zahlreiche Maßnahmen ergriffen worden, um die Gefahr für Zivilisten zu mindern”. Angaben zu möglichen Opfern machte die Armee nicht. Ihre Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Das Arbeitsverbot der Palästinenserorganisation UNRWA in Israel ist von den Vetomächten der Vereinten Naionen kritisiert worden. Die USA seien “über diese Gesetzgebung zutiefst beunruhigt”, sagte der Außenministeriumssprecher Matthew Miller in Washington. Chinas UN-Botschafter Fu Cong verurteilte sie im UN-Sicherheitsrat “aufs Schärfste”. Die Schließung des Hilfswerks wäre eine “Kollektivbestrafung von Millionen palästinensischer Flüchtlinge”, sagte er.
Russlands Botschafter Wassili Nebensja warnte vor einem endgültigen Aus des Hilfswerks: “Wir unterstützen die Aussage des UN-Generalsekretärs, wonach UNRWA unersetzlich ist und es heute keine Alternative dazu gibt.”
Die Zahl der Toten bei israelischen Luftangriffen im Gazastreifen ist palästinensischen Angaben zufolge auf 88 angestiegen. In der Stadt Bait Lahiya nahe der israelischen Grenze sei am Dienstag ein fünfstöckiges Haus getroffen worden, was mindestens 70 Menschen das Leben gekostet habe, teilte das Gesundheitsministerium mit, das von der Terrororganisation Hamas kontrolliert wird. Mehr als die Hälfte der Todesopfer seien Frauen und Kinder, erklärte das Gesundheitsministerium. Weitere 23 Menschen würden vermisst. Bei einem zweiten Angriff in der Stadt habe es mindestens 18 Tote gegeben. Der Direktor des nahe gelegenen Kamal-Adwan-Krankenhauses, Hossam Abu Safija, sagte, zahlreiche Verwundete seien in die Klinik gebracht worden. Die israelischen Streitkräfte hatten am Wochenende in dem Krankenhaus Dutzende Mitarbeiter festgenommen.
Der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller, sprach von einem “schrecklichen Vorfall” in Bait Lahiya. Er sagte, Israels Feldzug gegen die Hamas habe dafür gesorgt, dass sich ein Angriff wie der vom 7. Oktober 2023, der den Krieg im Gazastreifen auslöste, nicht wiederholen dürfe. Der Weg sei aber “mit einem hohen Preis für die Zivilbevölkerung” verbunden.
Das israelische Militär erklärte, es untersuche den ersten Angriff in Bait Lahiya. Zu dem zweiten äußerte es sich bislang nicht.
UN-Generalsekretär António Guterres hat in einem Brief an den israelischen Regierungschef Benjamin Netanyahu gegen ein neues Gesetz protestiert, mit dem das UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA in Israel verboten wird. “Ich appelliere an Sie und die israelische Regierung”, die womöglich “verheerenden Folgen zu verhindern und dem UNRWA zu erlauben, seine Aktivitäten in den besetzten palästinensischen Gebieten, einschließlich Ost-Jerusalem, im Einklang mit seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen fortzusetzen”, schrieb Guterres in dem Brief.
Das am Montag vom israelischen Parlament verabschiedete Gesetz sieht vor, die Aktivitäten des UNRWA in Israel zu verbieten, einschließlich im 1967 von Israel besetzten Ost-Jerusalem. Es verhindert auch die Kommunikation und Koordination des UNRWAs mit israelischen Behörden, was das Ende der Arbeit des Hilfswerks im Gazastreifen und im besetzten Westjordanland bedeuten könnte.
Acht österreichische Soldaten der Mission UNIFIL im Libanon wurden laut dem Verteidigungsministerium in Wien durch Beschuss leicht verletzt. Die Hisbollah-Miliz hat laut Israels Militär 50 Raketen abgefeuert. Der Liveblog vom Dienstag zum Nachlesen.