Es war Zufall, dass Ralph Siegel auf Nicole traf. So beschreibt es der Komponist in seiner Autobiographie, die einfach so heißt wie er. „Wähl Dein Lied“ war der Titel einer Talentshow (auch das gab es schon Anfang der Achtzigerjahre im Fernsehen), die vom Bayerischen Rundfunk ausgestrahlt wurde. Ihr Moderator war Joachim „Blacky“ Fuchsberger. Gewonnen wurde der Wettstreit von einer Sechzehnjährigen aus Saarbrücken: Nicole Hohloch. Sie sang 1981 ihr heute noch zweitbekanntestes Lied: „Flieg nicht so hoch, mein kleiner Freund.“ Es wurde ein Riesenerfolg, schon nach kurzer Zeit waren 400.000 Singles verkauft.
Siegel wäre nicht Siegel, wenn er nicht gleich erkannt hätte, was für Möglichkeiten sich ihm da boten. Viermal schon hatte er den Grand-Prix-Vorentscheid für Deutschland gewonnen, mit Nicole gelang es ihm 1982 dann ein fünftes Mal. Und so fuhr die erst 17 Jahre alte Gymnasiastin, die eigentlich Sportlehrerin werden wollte, für Deutschland nach Harrogate zum Eurovision Song Contest (ESC). Der hieß damals schon so, eben weil er im Vereinigten Königreich stattfand. Gesungen werden musste in jenen Jahren in der jeweiligen Landessprache. Nicoles Lied „Ein bisschen Frieden“ passte perfekt in die Zeit von Friedensbewegung und NATO-Doppelbeschluss. Nichts überließ Siegel am Abend des 24. Aprils 1982 dem Zufall. Nicole inszenierte er als Unschuld vom Lande. Weiß, so sein Kalkül, war die Farbe des Sieges. Und so trug sie weiße Bluse, weißen Rock (mit roter Schürze), weiße Stiefel, weiße Gitarre, und Siegel saß hinter ihr an einem weißen Flügel.
Sie bekam zwölf Punkte aus Israel
Nicole gewann haushoch. Als kleine Sensation wurde verbucht, dass sie, die Deutsche, zwölf Punkte aus Israel bekam. Sie wurde später sogar von der israelischen Regierung eingeladen, um vor Soldaten „Ein bisschen Frieden“ zu singen. Mit „A Little Peace“, der englischen Version, schaffte sie es als erste Deutsche ganz nach oben in den britischen Charts.
Nicole aber blieb bodenständig, heiratete mit 19 Jahren ihren Jugendfreund Winfried Seibert, bekam zwei Töchter, ist längst Großmutter. Nebenher blieb sie dem Schlager treu, nahm 29 Studioalben auf, überwiegend mit Ralph Siegel, von dem sie sich erst nach 30 Jahren trennte.
Zum Altstar-Aufgebot ehemaliger Sieger, das Jahr für Jahr beim ESC wiederkehrt, zählte sie nie. Das Spektakel sei ihr viel zu laut und schrill, sagte sie erst dieses Jahr in einem Interview mit Schlager.de. Zu ihrem 60. Geburtstag hat sie sich selbst ein Ständchen gebracht: „Ich gratuliere mir“, heißt eine Single, die am Freitag veröffentlicht wurde. Ein Album soll Mitte November folgen. Titel: „Carpe Diem“.