Tagelang fällt der Strom aus, und dann kommt auch noch Hurrikan “Oscar”: Kuba steckt in der größten Krise seit Jahren. Mögliche Proteste versucht die Regierung zu ersticken. Immerhin soll in der Hauptstadt Havanna wieder Strom fließen.
Immer noch mangelt es in vielen Haushalten an Strom. Die Frustration über die Situation entlädt sich teils in kleinen Demonstrationen in der Hauptstadt Havanna, aber auch im Rest des Landes. Wütend schlagen die Menschen auf ihre Kochtöpfe.
Präsident Miguel Díaz-Canel reagierte prompt. Bei einer Ansprache im kubanischen Staatsfernsehen trägt er seine Militärkluft: “Es ist nur eine kleine Gruppe von Leuten, meist betrunken, die sich unanständig verhalten haben”, sagt Diaz-Canel. Sie hätten versucht, die öffentliche Ordnung zu stören und Straftaten zu begehen. “Und sie haben versucht, den bürgerlichen Frieden unseres Volkes zu stören.” Die Proteste werden von Sicherheitskräften schnell unterbunden.
Die Regierung gibt den USA die Schuld
Angesichts des Totalausfall des Stromnetzes steht die kubanische Regierung unter Hochdruck. Der Karibikstaat erlebt seine schlimmste Krise seit Jahrzehnten. Das Energiesystem ist marode. Pannen im Netz gab es schon in der Vergangenheit regelmäßig.
Es fehlt an Treibstoff, denn auch die Unterstützung durch das verbündete Venezuela etwa wurde reduziert, das ja selbst unter einer Wirtschaftskrise leidet. Die Regierung gibt die Schuld an der Energiekrise der US-Blockade, die unter dem ehemaligen Präsidenten Donald Trump noch einmal verschärft wurde.
Es sei nur ein weiterer Beweis für die Probleme, die die US-Blockade verursacht. Für diejenigen Kubanerinnen und Kubaner, die sich an den Protesten beteiligen, hat Präsident Díaz-Canel eine deutliche Botschaft: “Wir möchten einmal mehr betonen, dass die Revolution diese Art von Verhalten niemals dulden wird”, so Díaz-Canel. “Jeder wird mit der Strenge, die die revolutionären Gesetze vorsehen, entsprechend behandelt werden.”
Drohungen der Regierung wirken
Dass die Regierung nicht zögert, repressiv gegen Kritiker vorzugehen, hat sich in den vergangenen Jahren immer wieder gezeigt. Auch 2021 waren Stromausfälle ein Auslöser der historischen Demonstrationen, bei denen Tausende Menschen im ganzen Land auf die Straße gegangen waren. Damals wurden Hunderte Menschen verhaftet.
In diesen Tagen ist es schwierig, offene Aussagen von Kubanern und Kubanerinnen zu bekommen. Die Drohungen der Regierung wirken. Immer wieder werde das Internet abgeschaltet, wie ein Kontakt aus Havanna über WhatsApp schreibt, – wohl um zu verhindern, dass sich die Menschen in den sozialen Netzwerken organisieren und es zu größeren Protesten kommt.
Diese Kubanerin hatte drei Tage lang keinen Strom. Für den Reporter der Nachrichtenagentur Reuters öffnet sie den Kühlschrank, in dem das Fleisch vergammelt: “Gestern Abend kam der Strom in einigen Stadtteilen wieder, aber nicht bei uns”, klagt sie. Sie hätten ihn alle drei Stunden an verschiedenen Stellen ein- und ausgeschaltet, um das System zu testen. “Aber am Ende des Tages hatten wir immer noch keinen Strom. Mein Handy hat keinen Saft, der Kühlschrank auch nicht, das Wenige, was ich habe, verdirbt.”
Und dann kam auch noch Hurrikan “Oscar”
Auf Bildern, die in den sozialen Netzwerken kursieren, bauten sich die Inselbewohner teils Holzöfen im Freien und kochten darauf, damit Lebensmittel nicht verdarben. Auch diese Frau ist frustriert über die Situation: “Es ist schlimm, sehr schlimm, denn ohne Strom haben wir nichts, wir haben keine Lebensmittel, wir können nichts einfrieren, wir können nicht arbeiten, wir haben nichts, und das ist hart”, sagt sie resigniert. “Aber was sollen wir tun?”
Und dann kam auch noch Hurrikan “Oscar”. Vor allem im Osten der Insel kam es zu Überschwemmungen, Bäume wurden umgerissen, Häuser beschädigt. Derweil haben die Regierungen Russlands, Venezuelas, Mexikos, Barbados’ und Kolumbiens ihre Unterstützung zugesagt.
Der staatliche Stromnetzbetreiber teilte inzwischen mit, dass in einigen Bereichen der Hauptstadt Havanna der Strom wieder fließen soll. Doch das Stromnetz ist veraltet, mit Ausfällen müssen die Kubanerinnen und Kubaner auch in Zukunft leben.