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Mit knallharter Migranten-Rhetorik verfolgt Trump klares Ziel – Expertin ist skeptisch


Bei einem Wahlkampfauftritt hetzt Donald Trump erneut gegen Migranten und verspricht, die USA „zu befreien“. Zugleich will er ein Gesetz von 1798 zum Leben erwecken. Könnte er das?

Er hat es mal wieder getan. Der ehemalige US-Präsident Donald Trump verschärfte seine einwanderungsfeindliche Rhetorik, die seine politische Karriere vor fast zehn Jahren startete, am Freitagabend erneut.

Bei einer Wahlkampfveranstaltung in Aurora, einem Vorort von Denver im Bundesstaat Colorado, wiederholte der republikanische Präsidentschaftskandidat falsche oder stark übertriebene Behauptungen über Migrantinnen und Migranten ohne Papiere – und kündigte im Falle seiner Wiederwahl an, ein mehr als 200 Jahre altes Gesetz zu nutzen, um Einwanderinnen und Einwanderer massenweise abschieben zu lassen.

In seiner knapp eineinhalb Stunden langen Rede behauptete Trump, dass Migrantinnen und Migranten hochansteckende Krankheiten in die USA brächten und so das Land „infizierten“. Zudem sprach der Republikaner von Amerika als einem „besetzten“ Land, welches am 5. November, dem Tag der US-Wahl, „befreit“ werde.

In gut dreieinhalb Wochen wird in den USA gewählt und Umfragen zufolge zeichnet sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Trump und der demokratischen Vizepräsidentin Kamala Harris ab.

Trump hat die irreguläre Migration seit langem zum Hauptthema seines Wahlkampfes gemacht. Bei der einzigen Präsidentschaftsdebatte zwischen ihm und Harris Anfang September behauptete der Republikaner unter anderem, dass Einwanderinnen und Einwanderer in Springfield (Ohio) Katzen und Hunde essen würden.

Eine Aussage, die von den Behörden des republikanisch regierten Bundesstaates wiederholt widerlegt wurde – und zunächst nur unter rechtsextremen Aktivistinnen und Aktivisten in den sozialen Medien kursierte.

Bereits damals hatte Trump die falsche Behauptung aufgestellt, Aurora sei von Migrantinnen und Migranten „überfallen und erobert“ worden. „Schauen Sie sich Aurora in Colorado an. Sie übernehmen die Städte. Sie übernehmen die Gebäude. Sie dringen gewaltsam ein“, sagte der Republikaner im September.

Das Bild, das der Ex-Präsident dabei von der Stadt mit ihren knapp 400.000 Einwohnerinnen und Einwohnern zeichnete, wurde zu einem zentralen Bestandteil seines Wahlkampfes – obwohl sich der republikanische Bürgermeister des Ortes, Mike Coffman, ebenso lange gegen die von Trump aufgestellten Gerüchte wehrt.

Noch bevor Trump am Freitagabend in Aurora auftrat, sagte Coffman US-Medien zufolge, er hoffe, Trump zeigen zu können, dass Aurora „eine sehr sichere Stadt“ ist.

„Die Trump-Kampagne schürt Ängste, um die Wähler zu mobilisieren“, sagt der Politikwissenschaftler Christian Lammert dem Tagesspiegel. Zugleich erreiche der 78-Jährige damit viel Aufmerksamkeit in der öffentlichen Debatte. „Das lenkt davon ab, dass die Kampagne gerade in wirtschaftspolitischen Fragen keine Pläne oder Ideen für die Zukunft hat.“

Genau hier liegt das große Risiko für die Republikaner. Zahlreiche Meinungsforschungsinstitute haben zuletzt bestätigt, dass sich die Wählerinnen und Wähler vor allem in Wirtschaftsfragen überzeugen lassen wollen.

In einer aktuellen Umfrage des US-Senders CNN geben mehr als 40 Prozent der Befragten an, dass die jeweilige Wirtschaftspolitik ihre Entscheidung am deutlichsten beeinflusst. Nur für zwölf Prozent ist Migration das bestimmende Wahlkampfthema.

Die Details sind weniger wichtig als die Botschaft, die damit ausgesendet wird.

„In der Tat ist es unwahrscheinlich, dass Trump mit dieser Strategie der extremen Anti-Migranten-Positionen unabhängige oder gemäßigte unentschlossene Wähler gewinnen kann“, sagt Rachel Tausendfreund, die bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik unter anderem zu amerikanischer Innenpolitik forscht. „Er hofft, dass es seine Basis motivieren wird, zur Wahl zu gehen, und vielleicht weitere rechtsextreme Wähler zu motivieren, die beim vergangenen Mal nicht zur Wahl gegangen sind.“

So versucht Trump seit Wochen, die Amerikanerinnen und Amerikaner davon zu überzeugen, dass die Schließung der Grenze und Abschiebungen die drängendsten Prioritäten für das Land seien. In Aurora forderte er die Todesstrafe für „jeden Migranten, der einen amerikanischen Staatsbürger tötet“ und erneuerte sein Versprechen, den „Alien Enemies Act“ anzuwenden.

Dieses Gesetz aus dem Jahr 1798 erlaubt es dem Präsidenten, jeden Ausländer auszuweisen, der aus einem Land kommt, mit dem sich die USA im Krieg befinden. Christian Lammert hält die Anwendung allerdings für zweifelhaft: „Das Gesetz ist zwar rechtlich noch intakt, weil es vom Kongress nicht zurückgenommen wurde, es gibt aber strikte Kontextbedingungen für die Einsetzung dieses Gesetzes.“

Das über 200 Jahre alte Kriegszeitengesetz könne nur in Ausnahmefällen angewendet werden, meint Lammert. „Es muss ein erklärter Krieg oder eine ‚Invasion‘ durch eine ausländische Nation oder Regierung vorliegen. Zudem zielt das Gesetz auf Staatsbürger feindlicher Nationen ab, nicht auf Immigranten im Allgemeinen.“

Verfassungsrechtlerinnen und -rechtler kritisieren das Gesetz ebenfalls und warnen vor einem möglichen Missbrauch. „Die Anwendung würde in erster Linie gegen das verfassungsmäßige Recht auf ein ordentliches Gerichtsverfahren verstoßen“, betont Lammert. Es sei sehr wahrscheinlich, dass die Gerichte diskriminierende Gesetze, die auf die Herkunft abzielen, für ungültig erklärten.

Trump gehe es aber weniger um die Umsetzbarkeit, meint Rachel Tausendfreund. „Ich denke, dass die Signalwirkung wichtiger ist als die Details.“

Ob die Einzelheiten in Trumps Ankündigungen tatsächlich durchsetzbar seien oder nicht, spiele nur eine untergeordnete Rolle. „Die Details sind weniger wichtig als die Botschaft, die damit ausgesendet wird.“



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