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Griechenland: Aufschwung mit Makel

Griechenland: Aufschwung mit Makel


Stand: 29.11.2024 14:53 Uhr

Nach den Jahren der Finanzkrise wächst Griechenlands Wirtschaft stetig. Trotzdem sind immer mehr Menschen im Land unzufrieden mit der Regierung. Warum kommt bei vielen vom Aufschwung wenig an?

Die Zahlen sprechen für sich, heißt es gemeinhin. Und so könnte Griechenlands Regierung eigentlich rundum zufrieden sein: Während die Wirtschaft in Deutschland schwächelt, verbucht Griechenland dieses Jahr ein Wachstum von mehr als zwei Prozent – weit über dem EU-Durchschnitt.

Statt einem prognostizierten Defizit im Haushalt von 2,2 Milliarden Euro steht da jetzt ein Plus von mehr als sechs Milliarden. Gerade hat Premier Kyriakos Mitsotakis angekündigt, erneut einen Teil der Schulden aus der Finanzkrise schneller zurückzahlen zu wollen.

Kommendes Jahr soll die Schuldenquoten auf unter 150 Prozent des Bruttoinlandsproduktes sinken. Das ist zwar immer noch EU-Rekord, aber kein Vergleich mehr zu den mehr als 200 Prozent vor vier Jahren.

Landesweite Proteste trotz Wirtschaftsaufschwung

Trotzdem sind gerade landesweit Zehntausende Griechinnen und Griechen auf die Straße gegangen. Zahlreiche Berufsverbände hatten vergangene Woche zum Generalstreik aufgerufen und das Land für einen Tag weitgehend lahmgelegt.

Der Grund: Geldsorgen. “Die Lebenshaltungskosten sind explodiert”, sagt Yiannis Panagopoulos, Vorsitzender der wichtigsten Gewerkschaft des privaten Sektors (GSEE). “Unsere Gehälter sind im Keller, während die hohen Wohnkosten junge Menschen in eine tragische Lage gebracht haben.” 

Tatsächlich kommt vom Aufschwung bei vielen Menschen im Land zu wenig an. Löhne und Renten sind während der Finanzkrise radikal gekürzt worden und haben das Vorkrisenniveau noch lange nicht wieder erreicht – während die Preise etwa für Lebensmittel und Wohnraum stark zugelegt haben.

Viele im Land werfen der Regierung vor, zu wenig gegen die Inflation zu tun – sprich: Gehälter und Renten nicht ausreichend anzupassen. 

Umfragewerte der Regierungspartei sinken

Das schlägt sich in den Umfragewerten nieder: Erreichte Mitsotakis bei den Parlamentswahlen 2023 mit seiner Nea Dimokratia 41 Prozent und dank Bonussitzen die absolute Mehrheit, so geht es seitdem bergab.

Die Europawahlen brachten nur noch 28 Prozent, und in letzten Umfragen liegt die Partei sogar noch darunter. Eine ernstzunehmende Konkurrenz in der Opposition gibt es derzeit nicht. Trotzdem erstarken Parteien wie die “Griechische Lösung” am rechten Rand.

Gleichzeitig genießt Mitsotakis weiterhin das größte Vertrauen bei den Bürgerinnen und Bürgern, wenn es darum geht, das Land wirtschaftlich stabil voranzubringen. Unter ihm hat Griechenland seine Glaubwürdigkeit an den internationalen Finanzmärkten zurückgewonnen.

Die Ratingagenturen haben das Land wieder hochgestuft. Viele ausländische und auch deutsche Unternehmen sehen das Land als interessantes Umfeld. 

Die griechische Wirtschaft boomt

Nicht nur das Zugpferd Tourismus boomt, sondern auch viele andere Bereiche wie Pharma- oder Rüstungsindustrie und Bergbau. Im Land hat nach den Jahren der Krise eine enorme Bautätigkeit eingesetzt.

Der griechische Haushalt profitiert von steigenden Einnahmen aus Gewerbesteuern, aber auch aus Veräußerungen von Anteilen an Autobahnen und Flughäfen. Zudem ist es gelungen, mittels digitaler Kontrollen illegale Zahlungen zu bekämpfen: Beträge über 500 Euro dürfen nicht mehr bar bezahlt werden.

Zudem muss jeder Bürger einen Teil seines Einkommens – etwa ein Drittel des Verdienten – nachweislich auch wieder ausgeben. Der Nachweis erfolgt automatisch, wenn man mit Karte bezahlt, weil diese Informationen direkt von der Bank an die Steuerbehörden weitergeleitet werden.

Mitsotakis verspricht Anpassungen

Mitsotakis weiß, dass ihm die Stimmung auf der Straße gefährlich werden könnte. Im September hat er sein Programm für die nächsten drei Regierungsjahre vorgestellt und dabei viele soziale Versprechen abgegeben, von Steuererleichterungen über finanzielle Hilfe beim Wohnungskauf bis hin zu einer besseren Gesundheitsversorgung.

Der Mindestlohn soll schrittweise auf 950 Euro steigen, auch die Renten will er anpassen.

Der griechische Staat schwimmt nach wie vor nicht im Geld und ist hoch verschuldet. Aber je besser die Wirtschaft läuft und je mehr die Regierung diesen Erfolg feiert, desto schneller schwindet die Geduld der Menschen im Land, wenn sie nicht am Aufschwung teilhaben.



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