Israelische Soldaten hätten im Süden des Libanons am ersten Tag nach Inkrafttreten der Feuerpause Verdächtige festgenommen, die sich Sperrgebieten mit weiterhin dort stationierten israelischen Truppen genähert hätten, sagte Militärsprecher Daniel Hagari am Abend. Zudem seien mehrere “Terroristen“ getötet worden. Die Anwesenheit Bewaffneter dort stelle einen Verstoß gegen das Abkommen dar. “Jede Verletzung der Waffenruhe wird mit Feuer beantwortet“, warnte der Armeesprecher. Jeder Bewaffnete werde “neutralisiert“ oder festgenommen. Libanesische Zivilisten forderte der Armeesprecher zudem erneut auf, mit ihrer Rückkehr in die Gegend noch zu warten.
Die Einigung über eine Waffenruhe sieht vor, dass sich die Hizbullah gemäß einer UN-Resolution hinter den Litani-Fluss etwa 30 Kilometer nördlich der israelisch-libanesischen Grenze zurückzieht. Unklar bleibt aber, wer darüber entscheidet, ob es sich bei Rückkehrern in südlichere Gebiete um Kämpfer der Hizbullah, Sympathisanten oder Zivilisten handelt. Israels Bodentruppen sollen innerhalb von 60 Tagen schrittweise aus dem Libanon abziehen. Eine Absicherung im Süden soll künftig die vergleichsweise schwache libanesische Armee sein, deren Kontingent von 5.000 auf 10.000 Soldaten im Grenzgebiet aufgestockt werden soll. Sie scheiterte aber schon nach dem vergangenen Krieg 2006 daran, Vereinbarungen zum Ende der Feindseligkeiten durchzusetzen. Daher gibt es auch diesmal Zweifel an ihrer Durchsetzungskraft.
Vor Inkrafttreten des Abkommens in der Nacht auf Mittwoch habe Israels Armee rund 180 Stellungen der Hizbullah angegriffen, sagte Armeesprecher Hagari. Darunter sei eine rund anderthalb Kilometer lange, unterirdische Anlage zur Raketenherstellung. Nach Angaben der israelischen Armee soll es sich dabei um die größte Anlage zur Herstellung von Präzisionsraketen der proiranischen Schiiten-Miliz gehandelt haben.
Die Hamas hat noch immer rund 100 Geiseln in ihrer Gewalt, die nach dem Terrorüberfall auf Israel am 7. Oktober 2023 aus Israel in den Gazastreifen entführt wurden. “Wir sind entschlossen, sie nach Hause zu bringen“, sagte Hagari. Schätzungen zufolge dürfte nur etwa die Hälfte der Entführten noch am Leben sein. Angehörige der Geiseln blockierten am Mittwoch israelischen Medienberichten zufolge vorübergehend den Eingang zum Parlamentsbüro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Sie fordern, dass er so wie mit der Hizbullah im Libanon nun auch einen Deal mit der Hamas eingeht. “Wenn Sie wollen, können Sie. Bitte, wir flehen Sie von ganzem Herzen an“, wurde ein Angehöriger zitiert. Kritiker werfen Netanjahu vor, die Geiseln faktisch aufgegeben zu haben.
Man respektiere die Entscheidung der Hizbullah, aber das palästinensische Volk sei trotz des Leidens im Gazastreifen nicht bereit, seinen Widerstand gegen Israel aufzugeben, sagte der Hamas-Vertreter der dpa. Seit Beginn des Gaza-Kriegs sind die Bedingungen der Terrororganisation unverändert: Sie fordert unter anderem im Gegenzug für eine Freilassung der israelischen Geiseln eine umfangreiche Entlassung palästinensischer Häftlinge aus israelischen Gefängnissen und einen vollständigen Rückzug der israelischen Armee aus Gaza. Israel will seine Truppen jedoch in strategischen Positionen in dem abgeriegelten Gebiet belassen.